Die Edition der Protokolle des Münchner Stadtrats der Jahre 1459 bis 1554

Neben den Kammerrechnungen (ab 1318) und den Steuerbüchern (ab 1368) sind die Ratsprotokolle (ab 1459) einer der zentralen historischen Bestände im Stadtarchiv München. Sie geben genaue Auskunft über die personelle Zusammensetzung der kommunalen Entscheidungsgremien und die von ihnen zu regelnden Angelegenheiten der Münchner Stadtgesellschaft.
Dr. Helmuth Stahleder, ehemaliger stellvertretender Leiter des Stadtarchivs München, transkribierte die frühen Bände und erschloss sie durch Personen-, Ortsnamen- und Sachregister sowie ausführliche Kommentierungen.

Die Entwicklung des Münchener Inneren und Äußeren Rats

Lag die Stadtgewalt ursprünglich in den Händen stadtherrlicher Dienstleute, also eines herzoglichen Richters, Zöllners, Münzer etc., so übertrug Herzog Ludwig der Strenge die Stadtverwaltung einem stadtbürgerlichen Gremium, das 1286 erstmals schriftlich in Erscheinung trat. Mitglieder waren ausschließlich hochvermögende Bürger. 1294 erließ Herzog Rudolf I. ein erstes Stadtrecht, das eine eindeutige Mitbestimmung des 12-köpfigen Rats (Satzungs-, Ordnung- und Gerichtsgewalt) zuließ.

1318 trat zu diesem Gremium, das nun als Innerer Rat bezeichnet wurde, ein 24-köpfiger Äußerer Rat. Ihm gehörten Bürger der aufsteigenden Mittelschicht und Zunfthandwerker an. Da die Tätigkeit im Rat zeitaufwendig und bis Ende des 16. Jahrhunderts ehrenamtlich war, konnten sich allerdings auch dort nur vermögendere Bürgern eine Mitarbeit erlauben.

Nach den unruhigen Jahren 1397 bis 1403 (Auseinandersetzungen zwischen der städtischen Führung und der Gemein um den Einfluss auf das Stadtregiment) trat 1403 eine neue Ratsverfassung in Kraft: Innerer und Äußerer Rat waren nun bei Entscheidungen an die Zustimmung der Gemein gebunden, zu der alle die Bürger zählten, die Haus und Hof besaßen oder ein halbes Pfund Steuern erlegten; der größte Teil der Bevölkerung hatte damit weiterhin keine politische Stimme.

Der Innere Rat leistete, wie schon im 14. Jahrhundert üblich, dem Herzog den Treueid, der Äußere Rat schwor vor dem Inneren Rat und der Gemein, die Gemein vor dem Inneren und dem Äußeren Rat. Die Angehörigen des Rates wurden deshalb auch als „Geschworene“ bezeichnet. Die Ratswahl fand alljährlich vor Heilig-Dreikönig statt, sie bedeutete aber keineswegs einen jährlichen Wechsel der Ratsmitglieder.

Altes Rathaus mit Ratsturm (Talburgtor) – rekonstruierter Zustand des 16. Jahrhunderts
Lavierte Bleistiftzeichnung von Carl August Lebschée, ca. 1850, Signatur: DE-1992-HV-BS-B-03-41

Nachdem das Talburgtor um 1392/94 zu einem Bestandteil des Rathauses geworden war, hieß es fortan „Ratsturm“. Die im Turm hängende Ratsglocke rief zweimal wöchentlich die Ratsherren zu den Sitzungen um 7.30 Uhr. Wer nach dem Läuten der sogenannten Singglocke – sie wurde nach der Ratsglocke geläutet – noch nicht anwesend war, wurde mit einer Geldstrafe belegt.

Aufgaben des Gremiums

Die Ratsgremien verfügten frei und ohne jede Aufsicht über das Vermögen der Stadt, sie setzten die Höhe der Steuern fest, bestimmten über Handwerk und Gewerbe und verwalteten das Vermögen der Stiftungen und Kirchen. Zudem waren sie die Sicherheit in der Stadt, für die Stadtbefestigung und nötigenfalls die Stadtverteidigung zuständig. Da der Rat Bündnis- und Fehderecht besaß, schickte er seine Mitglieder zu Tagungen und Verhandlungen und empfing herrschaftliche Besuche, Gesandtschaften etc.

Die Ratssitzungen, bei denen Innerer und Äußerer Rat gemeinsam im (Alten) Rathaus tagten, wurden vom Bürgermeister des Inneren Rates geleitet. Der Bürgermeister – das Amt wechselte monatlich zwischen den Räten des Inneren Rates – übte im Namen des Rats die gesamte Stadtgewalt aus und bewahrte auch die Schlüssel zu den Stadttoren, die nachts nur mit seiner ausdrücklichen Zustimmung geöffnet werden durften. Auch im Äußeren Rat wurden 12 monatlich wechselnde Bürgermeister gewählt, doch standen sie im Schatten des Bürgermeistersamts des Inneren Rats und waren praktisch bedeutungslos.

100 Jahre Ratssitzungsprotokolle nun durchsuchbar

Die nun online vorliegenden Ratsprotokolle der Jahre 1459 bis 1554 geben Einblick in fast 100 Jahre früher Stadtratstätigkeit. Sie lassen die Sitzungstermine und die vielfältigen Aufgaben und Zuständigkeiten des Stadtrats lebendig werden und sie benennen die turnusmäßig wechselnden Mitglieder der Gremien. Stahleders Unternehmen war somit eine äußerst verdienstvolle Arbeit, die der interessierten Öffentlichkeit eine einzigartige Quelle für das mittelalterliche und frühneuzeitliche München erschließt.

Die Transkription steht ausschließlich online zur Verfügung.

Die Ratsprotokolle werden auch von der Bayerischen Staatsbibliothek zur Verfügung gestellt:

Weitere Infos zur frühen Stadtgeschichte:

Ein Gedanke zu „Die Edition der Protokolle des Münchner Stadtrats der Jahre 1459 bis 1554

  1. Sehr geehrte Frau Huber, es ist zweimal der Link für den Teil 2 bis 1532 angegeben. Können Sie den für den dritten Teil bis 1554 auch noch veröffentlichen? Herzlichen Dank! Freundliche Grüße, Stephanie Graßl

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