Die Bibliothek des Historischen Vereins von Oberbayern

Das Stadtarchiv München beherbergt neben seiner eigenen Bibliothek auch die Bibliothek des Historischen Vereins von Oberbayern. Deren wertvolle Bestände wurden in den letzten 12 Jahren per Autopsie im Verbundkatalog der bayerischen wissenschaftlichen Bibliotheken erschlossen. Sie sind nun erstmals über den Onlinekatalog der Bibliothek des Stadtarchivs und im Bibliotheksverbund Bayern vollständig nachgewiesen.

Johann Jodocus Beck: Von Erb-Zinnß-Recht, Nürnberg 1739 (Ver. Bibl. Li 193)

Eine Schatzkammer für die historische Forschung

Die ab 1837 angelegte Bibliothek bildet die mit Abstand größte der verschiedenen Sammlungen des Historischen Vereins von Oberbayern.

Der Aufbau einer umfangreichen Büchersammlung sollte den Mitgliedern Hilfsmittel für die selbständige historische Arbeit zur Verfügung stellen. In den folgenden Jahrzehnten entstand eine gut sortierte Gelehrtenbibliothek von beachtlicher Größe, für die alle für die Erforschung der bayerischen Landes- und Münchner Stadtgeschichte essentiellen Monographien und Zeitschriften angeschafft wurden.

Lorenz von Westenrieder: Beyträge zur vaterländischen Historie, München 1803 (Ver. Bibl. 242/7)

Die Sammlung enthält Literatur zu praktisch allen Aspekten der oberbayerischen Geschichte und Kultur. Abgedeckt sind historische, biographische, wirtschaftliche, religiöse, rechtliche, politische, kulturgeschichtliche und archäologische Themen.

Eine maßgebliche Rolle beim Aufbau der Bibliothek spielte aufgrund seiner fachlichen Kenntnisse und persönlichen Kontakte der spätere stellvertretende Direktor der königlichen Hof- und Staatsbibliothek, Heinrich Konrad Föringer (1802-1880), Gründungsmitglied des Historischen Vereins und Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften, der von 1840 bis 1878 die Bibliothek betreute.

Durch gezielte antiquarische Erwerbungen, die Übereignung umfangreicher Nachlässe und großzügige Schenkungen prominenter Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Gesellschaft erhielt die Bibliothek zahlreiche wertvolle historischer Werke des 16. bis 18. Jahrhunderts.

Die Bibliothek im 19. und 20. Jahrhundert

Die Bücher und Zeitschriften der Vereinsbibliothek wurden zunächst in Zettelkatalogen erschlossen. In den Jahren 1867/68 erschien dann in der Reihe der Bestandsverzeichnisse des Vereins ein erster gedruckter Bibliothekskatalog, dem 1897/98 ein Supplement und in der Nachkriegszeit ein Kartenkatalog folgten.

Ältester erhaltener Katalog der Bibliothek des Historischen Vereins von Oberbayern (DE-1992-HV-MS-800)

Da keiner der vorhandenen Kataloge Anspruch auf Vollständigkeit erheben konnte, lag es nahe, die reichen Bestände durch eine vollständige Neukatalogisierung per Autopsie für die geschichtswissenschaftliche Forschung nutzbar zu machen.

Der Verein und damit auch die Bibliothek hatten ihr Domizil zunächst im Wilhelminum, in den Räumen der Alten Akademie. Ab 1908 erfolgte ein mehrfacher Wechsel des Vereinssitzes. Seit 1943 hat der Verein samt Bibliothek im Stadtarchiv München eine dauerhafte Bleibe. Die Auswirkungen der zahlreichen Umzüge führten zu gravierenden Mängeln in der Aufbewahrung und Ordnung und zu einem oft beklagenswertem Erhaltungszustand des Bibliotheksguts.

Regalachse der Vereinsbibliothek, Zustand vor Neubearbeitung (2012)

Katalogisierung per Autopsie im Bayerischen Verbundkatalog

Im Juli 2010 traten die Bibliothek des Stadtarchivs und die Bibliothek des Historischen Vereins von Oberbayern dem Bibliotheksverbund Bayern, der kooperativen Katalogisierungsplattform der wissenschaftlichen Bibliotheken Bayerns bei. Damit war die Voraussetzung für eine zukunftssichere, regelwerkskonforme und online zugängliche Erschließung des Bestandes gegeben.

Inge Sicklinger-Seuß bearbeitete dort über lange Jahre mit profunder fachlicher Expertise, akribischer Genauigkeit und bewundernswerter Ausdauer alle Titel per Autopsie und verzeichnete sie im Bayerischen Verbundkatalog und in der nationalen Zeitschriften-Datenbank. Für viele Werke fertigte sie neue Titelaufnahmen an, da es sich um Alleinbesitz handelt oder korrigierte und ergänzte unzureichende ältere Aufnahmen.

Empfindliches oder beschädigtes Bibliotheksgut (ungebundene Zeitschriften-Hefte, Kleinschriften, Einzelblätter, schadhafte Exemplare usw.) wurde durchgehend in geeignete Aufbewahrungsmappen oder Archivkartons verpackt. Sukzessive konnten auf diese Weise alle Bestandsgruppen bearbeitet werden.

Nach der Neubearbeitung (2022)

Die Bestandsgruppen

Folianten: Dabei handelt es sich um meist in Prägeleder oder Pergament eingebundene großformatige Werke des 16. bis 18. Jahrhunderts. Da auch seinerzeit die Kosten für qualitativ hochwertige Einbände beträchtlich waren, fasste man häufig mehrere Schriften in einem Sammel(ein)band zusammen.

Folianten-Regal

Zimelien und Rara: Alle Titel des 15. und 16. Jahrhunderts sowie kostbare druckgraphische Werke späterer Epochen wurden aus Gründen des Bestandsschutzes in Stahlschränke removiert.

Albertus Magnus/Walther Hermann Ryff: Thierbuch, Frankfurt am Main 1545 (Ver. Bibl. G 255)

Allgemeiner Bestand: Anschließend wurde der allgemeine, nach fortlaufenden Nummern aufgestellte Bestand, der sogenannte Numerus Currens, bearbeitet.

Nachlässe: Stellvertretend für die vielen, im allgemeinen Bestand aufgegangenen Nachlässe prominenter Persönlichkeiten wurde die Gelehrtenbibliothek von Johann Kaspar von Lippert, Bücherzensurrat und Inquisitor des Illuminatenordens, genannt „der bayerische Robespierre“ (Westenrieder), als Kabinettssekretär engster Vertrauter des Kurfürsten Karl Theodor, soweit möglich wieder zusammengeführt und separat aufgestellt.

Tauschschriften: Die Zeitschriften der Vereine und wissenschaftlichen Institutionen, mit denen der Historische Verein seit seiner Gründung in Schriftentausch steht, wurden Jahrgang für Jahrgang komplett in der Zeitschriften-Datenbank erfasst.

Die Kleinschriften-Sammlung: Besonderer Wert wurde auf die Erschließung der nahezu 5.000 Nummern zählenden Kleinschriften-Sammlung gelegt, da sie in erheblichem Umfang Material enthält, das in anderen Bibliotheken nicht vorhanden ist. Sie beinhaltet politische Traktate, Satiren, Gelegenheitsschriften zu feierlichen Ereignissen, Theaterzettel und Veranstaltungsankündigungen, Flugblätter, Verordnungen, Jahresberichte von Vereinen und Gesellschaften u.v.m.

Schulschriften – Zustand vor Neubearbeitung (2012)

Ergebnis

  • Zusätzlich wurden die vom Historischen Verein herausgegebenen Zeitschriften inhaltsanalytisch durch die Erfassung sämtlicher enthaltener Aufsätze in der Verbunddatenbank ausgewertet. Es handelt sich dabei um
    • Monatsschrift des Historischen Vereins
    • Altbayerische Monatsschrift
    • Oberbayerisches Archiv

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