Das Stadtarchiv hat beim ersten #GLAMInstaWalk mitgemacht. Die Idee dazu kam von der Monacensia, der Besuch führte ins NS-Dokuzentrum zur Sonderausstellung „Wichtiger als unser Leben. Das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos“.
Neue Ideen sind immer gut, wenn es darum geht, Erinnerung in Erinnerung zu rufen, sie zu orten, sie zu beschreiben und so den Menschen außerhalb von Museen, Archiven und Bibliotheken nahe zu bringen. Das beflügelt die Lust aufzubrechen, neugierig zu werden und sich erfüllen zu lassen von dem, was in den jeweiligen Institutionen an Erinnerungsmaterial vorhanden ist. So machten sich die verschiedenen Kulturhäuser der Stadt München zunächst auf Einladung der Monacensia auf den Weg, um miteinander mehr ins Gespräch zu kommen, sich gegenseitig zu besuchen, zu bewerben und somit über das gewohnte Maß hinaus in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Und dies im Rahmen eines GLAMInstaWalks.
Was ist eigentlich ein #GLAMInstaWalk?
Wofür steht nun GLAM? Für Galleries, Libraries, Archives and Museums.
Der #GLAMInstaWalk ist eine gemeinsame Initiative von Kulturhäusern und Gedenkstätten. Hierbei werden aktuelle Ausstellungen und Projekte zusammen vor Ort erkundet und auf den Instagram-Kanälen dem eigenen Publikum gleichzeitig vorgestellt. Und so sind die Kulturhäuser eingeladen, die Vielfalt der Erinnerungskultur und ihre Gemeinsamkeiten zu entdecken!
Auf ihren Instagram-Accounts hatten die teilnehmenden Institutionen nun ihre Follower*innen mit auf diese Führung genommen, versuchten aber auch im Nachgang, das dort Gesehene mit den Überlieferungen ihrer Häuser zu verknüpfen. Unter dem Hashtag „#GLAMInstaWalk“ wurden die Beiträge und Stories gesammelt.
Aber auch auf anderen SocialMedia-Plattformen gab es Features. Auch einige Blogartikel entstanden. Einen guten Überblick bietet die Wakelet-Seite, die die Monacensia eingerichtet hat.
Das Ringelblum-Archiv
Das Debüt des GlamInstaWalk im NS-Dokuzentrum war ein großer Erfolg. 13 Münchner Kultureinrichtungen sind der Einladung zum Max-Mannheimer-Platz gefolgt und haben sich durch die Sonderausstellung „Wichtiger als unser Leben. Das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos“ – obgleich des schwierigen Themas – von der Kuratorin Ulla-Britta Vollhardt kurzweilig führen lassen. Die Ausstellung widmet sich dem sogenannten „Ringelblumarchiv“, welches im Warschauer Ghetto entstand, wohin die deutschen Besatzer 1940 die jüdische Bevölkerung Warschaus und weiterer besetzter Gebiete verschleppten.
Um das Geschehen zu dokumentieren, initiierte damals der Historiker Emanuel Ringelblum eine beispiellose Sammelaktion im Ghetto. Es war das gemeinschaftliche Projekt einer im Geheimen arbeitenden Gruppe von jüdischen Frauen und Männern (Akademiker*innen, Schriftsteller*innen und Aktivist*innen), die sich Oneg Shabbat („Freude am Sabbat“) nannte. Das Oneg Shabbat-Archiv ist ein einzigartiges und herausragendes Beispiel jüdischer Selbstbehauptung während der Shoah.
Es ist ein Akt zivilen Widerstands und der erste Versuch, den von Deutschen initiierten Massenmord an der jüdischen Bevölkerung Europas zeitgleich und unmittelbar zu dokumentieren und archivieren.[1]
Das Beeindruckende an der Ausstellung ist neben Film- und Tonaufnahmen oder einer der originalen aus Warschau geliehenen Bleikisten, in welchen die Dokumente vergraben wurden, vor allem der Fokus auf der Geschichte, ja, dem Leid der Opfer. Die Besucher*innen werden gleichsam mit hinein genommen in die verschiedenen Situationen der Jüdinnen und Juden im Warschauer Ghettos.
Was war nun unsere Erfahrung aus dem 1. GLAMInstaWalk?
Wir waren erstaunt, mit welcher Organisation und Akribie die Gruppe um Emanuel Ringelblum vorging und wie „archivisch“ ihr Ansatz dabei war. Unter schwierigsten Bedingungen versuchten sie, das tägliche Leben und Sterben im Warschauer Ghetto für die Zeit nach dem Schreckensregime der Nazis zu dokumentieren. Als immer mehr Berichte über die Deportationen und Ermordungen bis in das Warschauer Ghetto drangen, entstand aus der Dokumentation darüber der 2. Teil des Archivs.
Auch im Stadtarchiv München sind in den letzten Jahrzehnten viele Zeugnisse des jüdischen Lebens in München, Berichte von Emigrierten und Überlebenden und Daten für ein Gedenkbuch für die ermordeten Münchner Jüdinnen und Juden gesammelt worden.
Dabei war es immer Ziel, den Opfern eine Stimme zu geben und nicht den Tätern die Deutungshoheit über die Ereignisse zu überlassen. Viele der Judaica-Bestände sind mittlerweile in unserer Archivdatenbank online recherchierbar, u.a. die Judaica-Varia-Sammlung.
Mit den Erinnerungszeichen wird den Opfern des Nationalsozialismus an ihrem früheren Wohnort in München gedacht.
[1] https://www.nsdoku.de/ringelblum-archiv.