Was bringt eine „Tochter aus gutem Hause“ in die Ehe ein? – Das Aussteuerbuch der Klothilde Schlagintweit aus dem Jahr 1911

In ländlichen Gegenden Bayerns war es noch bis in die 1950er Jahre üblich, dass die einheiratende Braut zusammen mit ihrer Aussteuer auf einem Kammerwagen zum Haus des Bräutigams gefahren wurde. Transportiert wurden auf einem (oder mehreren) Leiterwagen vor allem die Möblierung der ehelichen Schlafkammer, Bett-, Tisch- und Leibwäsche, Leinen, die Kinderwiege, Geschirr und Stickereien für die gute Stube. Der Schrank, der Kasten, das Bett und die Truhe wurden offen auf dem Wagen transportiert, so dass jedermann sehen konnte, was die Frau für den neuen gemeinsamen Haushalt mitbrachte und wie fleißig sie ihre Aussteuer gesammelt hatte. In der Stadt war dieser Brauch schon längst nicht mehr üblich, aber natürlich zählte auch dort das Herrichten der Aussteuer zu den wichtigsten Hochzeitsvorbereitungen. Umfang und Qualität der Aussteuer bildeten auch dort ein wichtiges Indiz für die Wohlhabenheit und den sozialen und wirtschaftlichen Status der Brauteltern und der Braut.

Die Münchner Bürgerstochter Klothilde Schlagintweit, die am 16. September 1911 vor dem Standesamt München IV die Ehe mit Karl Neureuther schließen sollte, hat hierüber sehr detailliert und penibel Buch geführt. Dieses von außen eher unscheinbare und mit Schmuckpapier eingehüllte Büchlein konnte das Stadtarchiv vor kurzem zusammen mit einem Kochbuch, das Klothilde ebenfalls vor der Hochzeit zusammenstellte, aus Privatbesitz geschenkt erhalten.

Einband des Aussteuerbuches von Klothilde Schlagintweit
Einband des Aussteuerbuches von Klothilde Schlagintweit
Stadtarchiv München, DE-1992-FAM-1390
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